• 08.07.2025

Am 20. Juni war Tag des Bürohundes. Zu diesem Anlass haben wir mit Markus Beyer gesprochen. Er ist erster Vorsitzender des Bundesverbandes Bürohund.

Seit 2014 wird dieser besondere Tag gefeiert. Zuletzt gaben bei einer Erhebung 88 Prozent der Mitarbeitenden an, dass sie sich über einen wohlerzogenen Bürohund in ihrem Arbeitsumfeld freuen würden. 48 Prozent würden dafür sogar auf eine Gehaltserhöhung verzichten, heißt es vom Verband. 2024 fanden sich in 9.400 Stellenanzeigen die Worte „Bürohund erlaubt“.

Geschrieben von Sören Kemnade

Zu sehen ist Markus Beyer mit einem Hund.
Markus Beyer setzt sich für eine Arbeitswelt mit Hunden ein.

Herr Beyer, wie bewerten Sie den Einfluss von Bürohunden auf Unternehmenskultur, psychische Gesundheit und Mitarbeiterbindung?

Die Arbeitswelt hat sich, insbesondere nach der Pandemie, grundlegend gewandelt. Es scheint, als hätte in den Köpfen der Menschen ein tiefgreifendes Umdenken stattgefunden, das auf einer erhöhten Wahrnehmung der eigenen gesundheitlichen Anfälligkeit basiert. Die Bilder der Corona-Pandemie, etwa aus Italien, haben vielen verdeutlicht, wie gefährdet die Gesundheit sein kann. Dies führte zu einer Werteverschiebung, die sich in der Frage manifestiert: "Wie lebe ich und warum lebe ich?" Der Glaube, "ich arbeite, um ein gutes Leben zu haben", hat sich gefestigt. Diese veränderten Werte beeinflussen auch die Wahrnehmung von Arbeit und die Rolle von Bürohunden.

Die Homeoffice-Zeit bot vielen die Möglichkeit, die Anwesenheit von Hunden zu erleben. Diese Erfahrung verstärkte die beschriebene Werteverschiebung. Nach der Pandemie stellte der Bundesverband Bürohund fest, dass das Interesse am Thema massiv gestiegen ist. Unternehmen, die sich an uns wenden, haben primär zwei Gründe: die Mitarbeiterbindung und Vorteile im Recruiting. Mitarbeiter fragen immer häufiger, ob sie ihren Hund mit zur Arbeit bringen dürfen. Dies betrifft nicht nur hippe Start-ups, sondern auch internationale Konzerne.

 

Welche Rolle spielt der eigene Hund im Arbeitsleben und in der Mitarbeiterwerbung?

Auch im Recruiting wird die Frage nach der Mitnahme des Hundes immer relevanter. Meine Aussage seit 2016 ist, dass die Zulassung von Hunden nicht nur die Zulassung von Haustieren, sondern auch eine Neubewertung der Arbeitswelt, also eine Veränderung des Mindsets darstellt.  Heute ist eine enge Zusammenarbeit aller Unternehmensebenen unerlässlich. Es wird deutlich, dass viele Perspektiven berücksichtigt werden müssen und nicht nur eine einzige Steuerungsebene. Aus Arbeitgeber ist ein Gastgeber geworden. Die Zulassung von Hunden als vollwertiges Teammitglied, beweist diese kulturelle Veränderung im Unternehmen.  Denn:  "Gäste" können sich besonders in Zeiten des Fachkräftemangels ihren "Gastgeber" aussuchen.

 

Wie wirken sich Bürohunde konkret auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter aus?

Rituale und Gewohnheiten sind essenziell für unser Gehirn, da es von Impulsen und schnellem Denken lebt. Dieses schnelle Denken kann jedoch in die Irre führen, da das Gehirn zum vereinfachten Schwarz-Weiß-Denken neigt. Wir erleben derzeit das Gegenteil: Schwarz-Weiß funktioniert nicht mehr, und täglich kommen neue Herausforderungen auf uns zu. Dies führt in immer mehr Fällen zu einer Überlastung der Denksysteme, die sich in Burnout oder Depression äußern kann. Das Gehirn schaltet sich quasi aus Überforderung ab. Statistiken der Krankenkassen belegen, dass dieser Trend zunimmt. Unternehmen benötigen eine psychische Resilienz, um der Burnout-Spirale vorzubeugen und voll arbeitsfähig zu bleiben

Bürohunde können hierbei Teil der Lösung sein. Sowohl bei Hunden als auch bei Menschen wird Oxytocin ausgeschüttet, während die Freisetzung von Cortisol unterbrochen wird. Gleichzeitig setzt Oxytocin auch Dopamin frei. Dadurch kann der Hund beim Aufbau psychischer Resilienz helfen.

 

Welchen Herausforderungen sehen sich Unternehmer beim Thema Bürohunde gegenüber?

Bei der Zulassung von Hunden gibt es natürlich auch Schwierigkeiten: Habe ich als Unternehmer verstanden, dass ich ein Resilienzprogramm benötige? Es ist wichtig zu erkennen, dass die meisten bereits eine emotionale Meinung zum Thema Hund haben. Um Hunde zielführend in ein Unternehmen einzuführen, ist ein angepasstes Change-Management sehr hilfreich. Reine Zahlen, Daten und Fakten reichen nicht aus; man muss die Menschen emotional abholen. Aus meiner Sicht ist das Thema Bürohund schon längst keine Frage mehr des "Ob", sondern vielmehr des "Wann und Wie?". Beim "Wann und Wie?" kann man aber auch gehörig Fehler machen. Mensch, Tier und Unternehmen müssen integriert werden, ohne dass eine der Gruppen benachteiligt wird. Hunde dürfen nicht nur "Mittel zum Zweck" sein; es müssen wesensgerechte Lösungen gefunden werden. Der Stress darf nicht auf den Hund abgeladen werden.

 

Ist das Thema „Dog-friendly Workplaces“ auch im internationalen Umfeld ein Trend?

Wir verfolgen das Thema Bürohund länderübergreifend. In den USA ist man bei diesem Thema deutlich weiter, wie der Hashtag #takeyourdogtoworkday zeigt. Meiner Meinung nach sind wir in Europa am weitesten in Deutschland, gefolgt von Österreich und der Schweiz und dann Spanien. Wir haben den Ansatz der Amerikaner in Europa optimiert, insbesondere im Bereich Tierschutz und Change-Management.

Ein emotionales Umdenken zu erzeugen, ist nicht einfach. Wie überzeugt man beispielsweise Menschen, die Hunde nicht mögen oder allergisch sind? Keine Gruppe darf belastet werden. Diese Gruppe von Menschen muss geschützt werden. Es darf kein "entweder-oder" geben, sondern ein "sowie-als-auch". Wie kriegen wir beides hin? Ich glaube, hier haben wir eine optimiertere Form als die Amerikaner.

 

Warum ist die Interzoo für den Bundesverband Bürohund eine relevante Plattform?

Die Interzoo kann dabei helfen, Herausforderungen und Aufgaben in diesem Bereich besser zu verstehen. Es geht um ein „Zoom in – Zoom out“-Management. Ich sehe auf der Weltleitmesse Interzoo den internationalen Vergleich und kann überlegen, was ich als Betrieb anders machen kann, um attraktiv zu bleiben. Bürohunde sind ein wichtiger Faktor für viele Arbeitnehmer geworden – für das Well-Being genauso wie für die Arbeitsleistung. Werden mehr Mitarbeiter gehen, oder werden sie eher bleiben? Gehen die Guten? Es geht darum, Transparenz und Überblick zu schaffen. Einen möglichen Weg zu zeigen.

Die Interzoo ist dabei nicht nur eine Plattform zur Information, sondern auch ein Ort für aktiven Austausch. Als internationale Messe zeigt sie, wie das Thema in anderen Ländern wie der Schweiz oder Spanien bereits aufgegriffen wird. Diese Perspektive erweitert den Horizont und fördert neue Denkansätze. Zudem zeigt die Interzoo selbst, wie ein offener und zukunftsorientierter Umgang mit dem Thema aussehen kann: Mensch-Hund-Teams sind dort nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich willkommen. Das setzt ein starkes Zeichen – und macht deutlich, dass tierfreundliche Arbeitsumfelder längst keine Randerscheinung mehr sind, sondern ein Zeichen von Fortschritt und Attraktivität.

Autor

Sören Kemnade
Sören Kemnade
PR-Referent Interzoo – Press & Public Relations Officer Interzoo